• mangels Unterstützung: ab 2023 nur noch Selbstversorgung
• Bildungsbehörde stiehlt sich aus Verantwortung
• NABU-Freizeiten bleiben erhalten
(Bremen, den 29.6.22) Die Bremer Bildungslandschaft wird ärmer. Zum Ende des Jahres fährt das Schullandheim Dreptefarm seine Angebote auf Sparflamme herunter und auch der NABU stoppt seine
kostenlose Umweltbildung dort. Sanierungsstau, Ölpreis und eine desinteressierte Behörde bremsen das jahrzehntelange Engagement aus. Erhalten bleiben allerdings die Ferienlager des NABU und ein
Angebot für Selbstversorger.
Nachdem das Heim im März einen dringenden Hilferuf an die Bildungssenatorin sandte, gab es jetzt schließlich ein virtuelles Treffen mit der Behörde und dem neuen Staatsrat Klieme. „Künftig zahlt
nun auch die Bildungssenatorin den vollen Tagessatz, wie wir seit über 20 Jahren fordern, aber Substantielles zur Sanierung wird nicht kommen“, berichtet Dreptefarm-Vorsitzender Sönke Hofmann,
„die Behörde sieht keine Verantwortung für die Gebäude der gemeinnützigen Vereine.“
Das günstige Angebot der Bremer Schullandheime werde allein durch das kostenlose Ehrenamt ermöglicht, doch viel mehr als billiges Lob ist dies Engagement Bremen nicht wert. Dabei spare der
gemeinnützige Heimbetrieb enorme Kosten im Vergleich zu einem kommunal geführten Schullandheim, so Hofmann. Doch es gebe Grenzen des Zumutbaren: „Wenn wir größere Sanierungen angehen wollten,
müsste ich als ehrenamtlicher Vorsitzender mit meinem Privatvermögen bürgen.“
Schnell addiert sich die notwendige energetische Sanierung zu hohen sechsstelligen Summen. Und diese Gelder müssen dann gemeinnützig erwirtschaftet und zurückbezahlt werden. Fördermittel sind für
die Dreptefarm nicht erreichbar: „Unser Vereinssitz muss in Bremen sein, was niedersächsische Gelder ausschließt und das Heim liegt in Niedersachsen, was Bremer Zuschüsse ausbremst. Ein
Treppenwitz der Bürokratie“, erklärt der Vorsitzende.
Dazu kommt die rasende Inflation. „Wir leiden jetzt massiv unter den hohen Preisen für Energie und Lebensmittel, Investitionen kann unser Heim nicht auch noch stemmen“, beklagt Sönke Hofmann. Für
auskömmliche Preise müsste das Heim über 70 Euro pro Kind und Tag verlangen - das Doppelte vom aktuellen Tagessatz. „Damit wären Klassenfahrten dann ein Luxus, den sich normale Familien kaum mehr
leisten könnten.“
Auch wenn die Heimtechnik eher ein Sanierungsfall sei, konnte die Dreptefarm in den vergangenen Jahren dank der Hilfe des NABU mit einem einmaligen Angebot punkten: Rund ums Heim weiden alte
Haustierrassen, mit Eseln wandern die Kinder in die Natur. „Drei Mal in der Woche bietet der NABU Umweltbildung an, als Waldforscher, beim Keschern und naturkundlichen Nachtwanderungen. Das
wird es künftig nur auf Anforderung und gegen Bezahlung geben“, so die Dreptefarm.
Gerade die Schulen mit schwierigem sozialen Umfeld hätten die Programme der Dreptefarm dringend gebraucht und gut genutzt. „Rund ein Viertel der Schüler sind bei uns zum ersten Mal in ihrem Leben
in einem Wald und unser durchstrukturiertes Programm hilft gerade schwierigen Klassen“, berichtet Sönke Hofmann. Doch diese pädagogische Ebene habe die Behörde gar nicht interessiert.
Das Schullandheim fährt daher ab 2023 in den Sparmodus und reduziert jeden Aufwand: „Wir bieten Selbstversorgern eine Unterkunft, aber nur im Sommer, wenn wir nicht groß heizen müssen.“ Damit
spare das Heim Heizkosten, Personal und Beschaffung. Die erfolgreichen Ferienfreizeiten des NABU sollen weiterlaufen, denn unter Vollast lohne sich der Betrieb. Ein Hoffnungsschimmer bleibt dem
Heimvorsitzenden Hofmann für sein Lebenswerk: „Wenn es ein klares Bekenntnis aus der Politik mit ernstzunehmenden finanziellen Zusagen gibt, können wir den Betrieb mittelfristig wieder
hochfahren.“
zur Vorgeschichte:
(Bremen, den 20.05.22) Der NABU stellt sein Umweltbildungsangebot auf der Dreptefarm Ende des Jahres ein. Die Naturschützer finanzieren dann keine spannenden Führungen in die Natur für
Grundschüler mehr. Grund ist die strikte Weigerung der Bremer Bildungssenatorin, Kontakt mit dem NABU und dem Schullandheim aufzunehmen. Die beiden gemeinnützigen Vereine wollen seit März die
langfristige Finanzierung der dringenden Sanierungen des betagten Gebäudes besprechen. Doch ihr Engagement war nicht mal eine Eingangsbestätigung wert.
„Wir werden unsere Aktivitäten für Bremer Grundschulen in der Dreptefarm Ende des Jahres einstellen“, erklärt NABU-Geschäftsführer Sönke Hofmann, der auch ehrenamtlicher Vorsitzender des
Schullandheims Dreptefarm ist, „gleichzeitig wird die Dreptefarm zu einem Selbstversorgerheim, also für Grundschulen nicht mehr nutzbar. Wir bedauern das sehr, aber wir können das Personal nicht
vernünftig bezahlen und finden deshalb kein neues.“ Auch die hohen Ölpreise tragen ihren Teil zur Misere bei.
Am 14. März hatte Hofmann der Bildungssenatorin die dramatische Situation in dem Bremer Schullandheim beschrieben. „Wir fahren seit Jahrzehnten auf Verschleiß und können die dringenden
Sanierungen nicht bezahlen“, so die Kernbotschaft des Briefes. Das 1960 eröffnete und entsprechend schlecht gedämmte Heim muss sich komplett selbst finanzieren. Die Einnahmen reichen gerade so
für Personal und Fixkosten, für Investitionen ist kein Geld da.
Trotz vieler tausend ehrenamtlicher Stunden für Korkdämmung, Brandmeldeanlage und Einbruchsschutz nach dem Fall Dennis, ist ein massiver Sanierungsstau aufgelaufen. „Das Asbestdach muss
ausgetauscht werden, der Brandschutz ist nur noch durch den Bestandschutz legal und die Heizung muss von Öl auf Hackschnitzel umgebaut werden“, zählt Hofmann die dringendsten Probleme auf. Die
Kosten dafür reichen an eine Million Euro heran.
Es gibt zwar einen mageren Zuschuss der Bildungsbehörde von 90.000 Euro jährlich für alle zehn Bremer Schullandheime zusammen. Doch dafür prellt die Senatorin an anderer Stelle die Zeche und
zahlt nicht einmal den halben Tagessatz für ihre Lehrer. „Das ist linke Tasche, rechte Tasche und absolut nicht angemessen“, erklärt Hofmann, „seit 22 Jahren höre ich, das kein Geld da ist. Dann
lese ich wiederum, wie Schulen und Turnhallen für Millionen Euros saniert werden.“
Die Summe einer einzigen Turnhallen-Sanierung könnte alle zehn Bremer Schullandheime zukunftssicher machen, Heizkosten und Klimagase sparen. Doch die Behörde mauert. „Der Sachbearbeiter für
Schullandheime in der Behörde empfahl uns allen Ernstes jahrelang, bloß nicht nach mehr Geld zu fragen, sonst würde alles gestrichen“, ärgert sich Sönke Hofmann. Seine regelmäßigen Einladungen an
die Senatorinnen blieben schon in den vergangenen Jahren unbeantwortet.
Hofmann knüpft daran nun die Frage an die Bremer Politik, ob sie Schullandheime noch als Teil der Bildungslandschaft sehen - mit den daraus folgenden Verpflichtungen zum Erhalt. „Der NABU bietet
seit zwei Jahrzehnten Umweltbildung in der Dreptefarm an. Warum soll ein gemeinnütziger Verein die Bremer Grundschulen subventionieren, wenn dieses Engagement der Senatorin noch nicht mal ein
Gespräch wert ist?“
Bremen verliere mit dem NABU auf der Dreptefarm ein dringend benötigtes und einmaliges Angebot. Täglich werden die Kinder in Fütterungsrunden und Eselwanderungen an die Nutztiere herangeführt,
drei Mal in der Woche bietet der NABU Umweltbildungsstunden, keschert und forscht mit den Schülern im Wald. „Etwa ein Viertel der Kinder ist vor der Klassenfahrt zu uns noch nie länger in einem
Wald gewesen, viele bauen bei uns ihre enormen Ängste ein wenig ab“, betont Sönke Hofmann.
Frist für ein Angebot seitens der Behörde ist der 31. Mai. Ab dann wird die Dreptefarm die ausgebuchte Belegung für 2023 und 2024 über die Umstellung informieren, damit die Lehrer noch eine
Alternative finden können.
Natürlich hat uns die Corona-Pandemie schwer getroffen, doch aktuell sind noch Klassenfahrten aus Bremen möglich. Die NABU-Ferienfreizeiten laufen sowieso weiterhin mit Hygienekonzept, ist ja auch logisch: Eine Kohorte mit kaum Außenkontakten, also Bedingungen, die einer Quarantäne entsprechen.
Eines garantieren wir allen Lehrer*innen: Sollten in 2022 coronabedingte behördliche Auflagen eine Klassenfahrt verbieten, werden wir (wie alle anderen Bremer Schullandheime auch) KEINE Stornogebühren erheben.
Bleibt gesund!
Das Dreptefarm-Team
Die NABU-Dreptefarm liegt zwischen Bremen und Bremerhaven im Ferienort Wulsbüttel, rund 45 km vor der Nordseeküste. Inmitten der typisch nord-deutschen Landschaft aus Marsch, Moor und Geest können die Schüler alte, vom Aussterben bedrohte Haustierrassen, Wald, Kescherteich und Lagerfeuer von uns begleitet erleben.
Die Schullandheimarbeit hat eine lange Tradition. Über sechzig Jahre schon engagieren sich Menschen in ihrer Freizeit für das Schullandheim in Wulsbüttel. Ja, es wurde sogar größtenteils ehrenamtlich erbaut! Auch heute noch nutzen wir die Wintersaison, um mit ehrenamtlichen Arbeitseinsätzen die Dreptefarm zu renovieren und weiterzuentwickeln, angetrieben vom Leitspruch Erich Kästners aus der Konferenz der Tiere:
"Es geht um die Kinder!"
Durch den NABU als ideellen Träger erhielt das Heim seine spezielle Ausprägung: In den Ferien werden seitdem NABU-Freizeiten durchgeführt. Schulklassen bekommen verschiedene Natur-Erlebnis-Seminare angeboten, die im Preis inklusive sind.
Im Haus gibt es als Spielwiese ein Korkenbad für Regentage und eine echte Disko mit Licht- und Musikanlage (USB-Sticks nicht vergessen). Natürlich haben wir auch
einen Kiosk mit Süßigkeiten und Gimmicks. In den Schlaftrakten wird die Luft kontrolliert über eine moderne Lüftungsanlage mit energiesparenden Wärmetauschern ausgetauscht. Alle diese Maßnahmen
wurden von vielen freiwilligen Helfern in gemeinsamen Arbeiteinsätzen in den Wintermonaten tatkräftig unterstützt.
Schulklassen bieten wir ein volles Programm mit Fütterungsrunden, Eselwanderungen, Basteln und Begleitung durch den NABU. Stöbern Sie hier ein wenig weiter um
unsere Angebote zu entdecken.
Die einst als Alarmanlage angeschafften Diepholzer Gänse haben in weiteren Freigehegen Gesellschaft von verschiedenen Landschafen und Thüringer Waldziegen, alten
Hühnerrassen, Meißner Widderkaninchen, Eseln und sogar Lamas.
Derzeit muss sämtliches Geflügel eingesperrt bleiben, um die Massentierhaltungsställe zu schützen... sobald diese unsinnige Maßnahme (die Vogelgrippe wird nahezu immer durch Menschen in die Bestände getragen) aufgehoben ist, dürfen unsere Hühner und Gänse wieder frei bei uns laufen.